Es wird häufig von Mißverständnissen oder sogar Mythen im Zusammenhang mit CRM gesprochen. Viele Unternehmen sind unzufrieden mit ‘ihrem’ CRM. Andere, insbesondere kleine Unternehmen und Selbstständige fragen sich, ob sie überhaupt ‘ein’ CRM brauchen.
Gleichzeitig wird enorm viel Geld und Zeit in CRM-Lösungen investiert und gefühlt werden wöchentlich neue Lösungen auf den Markt geworfen. Es lohnt sich also, dem Thema mal auf den Grund zu gehen. Dafür schauen wir uns das Konzept Kundenbeziehungsmanagement genauer an und räumen mit einigen Mißverständnissen und Unklarheiten auf. Starten wir mit zwei typischen Aussagen.
CRM ist nur etwas für große Unternehmen!
Ist das so? Ich werde tatsächlich häufig gerade von Selbstständigen gefragt: Brauche ich überhaupt ein CRM? Darauf gibt es eine klare Antwort: Ja, natürlich.
CRM steht für Customer Relationship Management – also Kundenbeziehungsmanagement. Es geht also um das Management von Kundenbeziehungen. Und natürlich sollte sich jedes Unternehmen überlegen, wie es die Beziehungen zu seinen Kunden gestalten und entwickeln will. Die Aussage ist also meiner Meinung nach nicht richtig!
Allerdings wird CRM eben häufig auf eine technologische und datenseitige Perspektive reduziert. Und dann sind wir bei der nächsten Aussage.
CRM ist nur etwas für große Unternehmen!
Für CRM wird zwingend eine Softwarelösung benötigt!
Für CRM wird zwingend eine Softwarelösung benötigt!
Auch das ist eine Meinung, die weit verbreitet ist. Ist das so?
Wenn wir festhalten, dass gute Kundenbeziehungen für alle Unternehmen wichtig sind und es sinnvoll ist, diese aktiv zu gestalten, dann müsste die nächste Frage lauten: Brauche ich für ein erfolgreiches Beziehungsmanagement zu meinen Kunden eine CRM-Software? Und auf diese Frage lautet die Anwort: Das kommt drauf an.
Es kommt darauf an, was man unter CRM-Software versteht und wofür man sie genau einsetzen will. Um das zu beantworten, schauen wir uns einmal an, was CRM nach ‘Lehrbuch’ bedeutet.
Was bedeutet CRM genau?
CRM-Definitionen gibt es viele, ich habe mal zwei herausgesucht:
CRM beschreibt eine kundenorientierte Unternehmensphilosophie und umfasst alle Aktivitäten, die der Planung, Konzeption, Durchführung, Kontrolle und Analyse von Geschäftsbeziehungen zu Kunden dienen.
Ziel ist es, den Nutzen für beide Seiten zu steigern und eine langfristige und profitable Beziehung zum Kunden aufzubauen. CRM basiert auf der Speicherung sämtlicher Daten und Transaktionen mit Kunden in einem elektronischen Informationssystem.
Kotler et. al., Grundlagen des Marketing, 7. aktualisierte Auflage, Pearson, 2019, Glossar
CRM steht für eine neue kundenorientierte Unternehmensstrategie mit Neuausrichtung sämtlicher Geschäftsprozesse und Verantwortlichkeiten auf den Kunden hin.
CRM umfasst den Aufbau und die Festigung langfristig profitabler Kundenbeziehungen durch abgestimmte und kundenindividuelle Marketing-, Sales- und Servicekonzepte mit Hilfe moderner Informations- und Kommunikationstechnologien.
nach Leußner, Hippner, Wilde, CRM – Grundlagen, Konzepte und Prozesse Hippner, Hubrich, Wilde (Hrsg.) Grundlagen des CRM, Gabler, 3. Auflage 2011
Und braucht man dafür nun eine Software?
In beiden Definition steht der strategische Fokus im Vordergrund. Das Ziel ist es, langfristig profitable Kundenbeziehungen aufzubauen. Das gilt erstmal für alle Unternehmen, für kleine mit wenigen Kunden und für Großkonzerne. Und es spielt keine Rolle, ob es sich bei den Kunden um Privatkunden handelt oder um Geschäftskunden.
Beide Definitionen kommen außerdem zu dem Schluss, dass es dafür ein elektronisches Informationssystem bzw. den Einsatz von modernen Informations- und Kommunikationstechnologien braucht. Das klingt ziemlich deutlich nach Software. Aber heißt das auch, dass es eine spezielle CRM-Software braucht? Und was ist das überhaupt?
Nach meiner Interpretation ist CRM-Software eine Software, die einem hilft, die eigenen Kundenbeziehungen erfolgreich zu gestalten. Bevor es jetzt zu haarspalterisch wird, ist es wohl Zeit für Beispiele :-).
Zwei typische Beispiele für kleine Unternehmen
Emmas Konditorei
Emma hat eine kleine Konditorei. Emma kennt ihre Kunden persönlich. Sie unterhält sich gerne kurz mit ihnen und erfährt so, was ihre Kunden mögen und für welche Anlässe sie bei ihr einkaufen. Emma hat die Bedürfnisse und Präferenzen ihrer Stammkunden im Kopf, vielleicht macht sie sich hier und da Notizen in einem kleinen Heft.
Sie hat eine einfache Image-Website ohne Interaktion und manchmal postet sie Fotos ihrer Produkte auf ihrem Instagram-Account.
Emma hat natürlich ein elektronisches Kassensystem und gängige Bürosoftware im Einsatz, aber keine Software, die etwas mit ihren Kunden zu tun hätte. Und trotzdem hat sie alles im Blick und überrascht ihre Kunden immer wieder mit passenden Angeboten. Sie führt exzellente Kundenbeziehungen, ganz ohne spezielle Software.
Sophies Haarstudio
Oder nehmen wir Sophie. Sophie ist eine junge Friseurin mit einem kleinen eigenen Salon. Natürlich hat auch Sophie eine Website, aber da sie im Moment noch als Solo-Kämpferin unterwegs ist, hat sie keine Zeit für Social-Media oder andere Marketing-Themen.
Sophie ist es trotzdem gelungen, viele treue Kunden zu finden, die schon seit ihrer Saloneröffnung vor 3 Jahren regelmäßig zu ihr kommen. Durch geschicktes Fragen weiß sie, wann Geburtstage und sonstige Ereignisse anstehen, wann und wohin ihre Stammkunden bevorzugt in den Urlaub fahren und vor allem, wie häufig sie zum Haareschneiden kommen.
Alle diese Infos schreibt sie auf Karteikarten (ja – aus Papier) und auch ihre Terminplanung steht mit Bleistift geschrieben in einem großen Terminkalender.
Brauchen Emma und Sophie eine CRM Sofware?
An beiden Beispielen wird deutlich, dass ein gutes Kundenbeziehungsmanagement auch ohne spezielle Software funktionieren kann. Emma und Sophie reichen Notizbücher, Karteikarten und ein Terminplaner als Informationssystem.
Aber was ist, wenn die beiden ihr Geschäft weiterentwickeln wollen?
Emmas Online Vision
Emmas Kunden bestellen immer häufiger Torten für besondere Anlässe vor. Auch wenn Emma das natürlich freut, bedeutet das neben dem normalen Verkauf und Service im Laden viel organisatorischen Aufwand, sowohl für die Annahme der Bestellung als auch für die Abholung.
Emma möchte daher gerne eine Vorbestellungen für Torten und Gebäck über ihre Website ermöglichen, um ihren Ein- und Verkaufsprozess und auch ihre Arbeitszeit besser planen zu können.
Sie möchte außerdem gerne direkt auch einen Lieferservice anbieten. Die neuen Angebote müssen natürlich auch aktiv beworben werden. Emma denkt hierfür über einen Kundennewsletter nach.
Sophie stellt Personal ein
Sophie hat inzwischen so viele Kunden, dass die Wartenzeiten für Termine immer länger werden. Sie hat sich entschlossen, eine Mitarbeiterin und eine Teilzeitunterstützung für den Empfang einzustellen. Außerdem beauftragt sie eine externe Social Media-Expertin mit dem Aufbau und der Betreuung eines Instagram-Accounts.
Damit hat sie nun nicht mehr alle Informationen zu ihren Kunden exklusiv in ihren eigenen Händen bzw. im Kopf und braucht eine Lösung, um ihre Angestellten mit allen relevanten Kundeninformationen zu versorgen.
Außerdem wird natürlich das Terminmanagement komplexer, ein digitaler Terminkalender wäre sehr hilfreich. Prima wäre es, wenn die Kunden online selbst Termine buchen könnten.
Emma und Sophie brauchen also digitale Lösungen, um ihre Geschäfte weiterzuentwicklen und die Kundenbeziehungen weiter erfolgreich zu gestalten.
Aber die Funktionalitäten, die sie benötigen, sind sehr unterschiedlich. Emma braucht in erster Linie eine Online-Lösung für die Annahme und Abwicklung von Bestellungen und ein Newsletter-Tool, Sophie würde eine Lösung zur Verwaltung von Kundeninformationen und zur Terminplanung helfen.
Ein Zwischenfazit …
Jedes Unternehmen sollte sich Gedanken über die Entwicklung seiner Kundenbeziehungen machen. Auch sehr kleine Unternehmen. Tools, egal ob ein analoges Notizbuch oder eine digitale Software, sind Mittel zum Zweck, um erfolgreiche Kundenbeziehungen zu gestalten.
Mit steigender Anzahl an Kunden, an beteiligten Akteuren (wie Mitarbeitende oder Dienstleister:innen), an kundenbezogenen Prozessen und vor allem an digitalen Kommunikationskanälen wird das Kundenbeziehungsmanagement zunehmend komplexer. Eine technologische Unterstützung wird unumgänglich, wenn das Business wachsen soll. Das kann eine spezielle CRM-Software sein, aber vielleicht auch einfach ein Spezial-Tool für eine bestimmte Funktionalität. Der Markt ist riesig und unüberschaubar.
Daher versuchen wir sukzessive in weiteren Beiträgen etwas mehr Klarheit zu bekommen.